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Mahler-Sinfonie wäre ultimatives Projekt in Katharinenkirche

Propsteikantor Ralf Bibiella prägt seit drei Jahrzehnten die Kirchenmusik in Oppenheim

MAINZ/RHEIN-LAHN. (8. August 2022) Nach 30 Jahren im Dienst für die Kirche hat Propsteikantor Ralf Bibiella noch immer einen großen Traum eines „ulltimativen Projekts“: Die Aufführung der 8. Sinfonie von Gustav Mahler. Zunächst als Kantor und Organist der Katharinenkirche und als Dekanatskantor, dann auch als Propsteikantor für Rheinhessen und Nassauer Land hat der Kirchenmusiker auch nach Aufführung eines umfassenden Repertoires der großen klassischen Kirchenmusik, nach rund 1500 Gottesdienstbegleitungen mit Orgel, Chor und Posaunenchor, nach tausenden von Übungs- und Probenstunden von der Begeisterung für die Musik nichts verloren. Und sein Traum für „seine“ Woehl-Orgel und die Oppenheimer Katharinenkirche lässt ihn bis heute nicht los.

Mit seiner Frau Dr. Katrin Bibiella als kongenialer Konzertorganistin, Kantorin und Ko-Repetitorin an der Seite hat der 58-jährige Ralf Bibiella in 30 Jahren das musikalische Leben der Kirchengemeinde Oppenheim mit großem Engagement und Hingabe geprägt, sodass diese heute eine Strahlkraft weit über die regionalen Grenzen hinaus hat. Denn mittlerweile lockt das musikalische Angebot der Katharinenkirche, das von Bach über die Orgelwerke der deutschromantischen und französischen Symphonik des 19. Jahrhunderts bis hin zur Avantgarde des 21. Jahrhunderts reicht, auch Besucher von weit her an.

Eine Schwäche für die starken, alten Kirchenlieder

Zusammen mit der Oppenheimer Pfarrerin Manuela Rimbach-Sator gestaltet der im bayrischen Kaufbeuren geborene Konzertorganist Gottesdienste in der Katharinenkirche, die ihren Besuchern eine ausdrucksstarke und bewegende Verbindung von Musik und Theologie bieten. „Bei uns erlebt man die große evangelische Gottesdiensttradition“, erklärt der Propsteikantor, „große Choralmusik verbunden mit einer gut ausbalancierten Predigt“. An der allwöchentlichen Ausgestaltung der Gottesdienste in der Katharinenkirche reizt es Ralf Bibiella, mit der Musik eine Brücke zur Predigt zu bauen und den emotionalen Gehalt der Predigt aufzugreifen. Dazu ist er ein Fan der alten evangelischen Kirchenlieder: "Diese alten Kirchenlieder haben eine klar erkennbare Melodik und eine großartige Kraft“, schwärmt er. „Ich kann sie harmonisch immer wieder ganz unterschiedlich ausleuchten, so dass jedes Lied ein anderes Klangkostüm hat."

35 Orgelwerkstätten in 8 Ländern geprüft

Als Ralf Bibiella mit seiner jungen Frau frisch von der Universität nach Oppenheim kam, war an musikalische Highlights, wie sie das aktuelle Musikprogramm der Katharinenkirche mit Gastmusikern von internationalem Rang bietet, nicht zu denken. Es gab keine großen Chöre, keinen Posaunenchor und eine – zwar namhafte – Walcker-Orgel, die sich aber in einem bejammernswerten Zustand befand. Bibiellas Aufgabe der kommenden zehn Jahre sollte es nicht nur sein, das musikalische Leben und die Chorarbeit der Gemeinde zu intensivieren, sondern auch nach einer für die einmalig schöne Katharinenkirche adäquaten Orgel zu fahnden. 35 verschiedene Orgelwerkstätten in acht Ländern wurden auf ihre Eignung geprüft. Die Suche machte Ralf Bibiella, dem auch als Bassbariton eine Gesangskarriere offen gestanden hätte, zum Orgel-Experten, schließlich war die Entscheidung für eine Orgel, das spürte er, auch eine Entscheidung fürs Leben.

Die Woehl-Orgel – ein Stück Frankreich in Oppenheim

Die Wahl des Oppenheimer Kirchenvorstands fiel schließlich (unter drei von Ralf Bibiella vorgeschlagenen „Kandidaten“) auf eine Woehl-Orgel, deren Farben, so der Propsteikantor, „sehr klar und sehr sprechend sind“, und die „raumbeherrschend, aber selbst im vollen Klang niemals unangenehm laut“ ist. Dazu brachte der Orgelbauer Gerald Woehl viel Erfahrung mit der Akustik französischer Kathedralen mit, wie sie auch in der im Stil der französischen Gotik erbauten Katharinenkirche anzutreffen ist. „Und so stellt die Woehl-Orgel zusammen mit dem Kirchenraum hier in Oppenheim ein Stück Frankreich in Deutschland dar“, erklärt der Propsteikantor nicht ohne Stolz.

Mit dem Bau der Orgel hatte Ralf Bibiella neben seinen vielfältigen kantoralen Arbeitsfeldern eine große und langwierige Aufgabe in Oppenheim ans erwünschte Ziel gebracht. Unter großem Einsatz und im Rahmen eines enormen Arbeitspensums war es schließlich gelungen, eine hervorragende musikalische Infrastruktur in der Gemeinde zu etablieren. Nun konnte der Musiker guten Gewissens 2003 die nächste Herausforderung annehmen: das Amt des Propsteikantors. Zu den regelmäßigen abendlichen Proben mit den verschiedenen Chören, zahlreichen Probenwochenenden vor Konzerten und der Planung für das kirchenmusikalische Programm der Katharinenkirche kamen jetzt auch verstärkt Personalgespräche im Rahmen von Stellenbesetzungsverfahren und -planungen mit und für die A- und B-Kirchenmusiker der Propstei, Ausbildungsverantwortung für Kantoren und Organisten, die Zusammenarbeit mit dem Zentrum Verkündigung der EKHN und mit den Ausbildungsstätten für Kirchenmusiker, wie den Universitäten Frankfurt und Mainz, sowie die Pflege eines Netzwerkes mit den Propsteikantorenkollegen und international renommierten Musikern, zu denen unter anderen der weltbekannte schwedische Organist Hans-Ola Ericsson zählt.

Jugendliche Leidenschaft für Alpinistik und Skifahren

Wer dem Propsteikantor zuhört, der kann sogleich sein Talent bemerken, anspruchsvolles Fachwissen verständlich und unterhaltsam zu vermitteln. Mit seiner stets freundlichen und geduldig-ausgleichenden Art gelingt es ihm immer wieder – ob in den Chorproben, bei öffentlichen Orgelvorführungen oder den regemäßigen Musiker-Fortbildungen –, Menschen für die Musik zu begeistern. Gemeinsam mit seiner Frau lebt er in vielerlei Hinsicht ganz für die Kunst. Auf dem Instrument Orgel treten die beiden nicht nur solo sondern auch als Duo auf. Erfolgreich haben sie große Symphonien für die Orgel transkribiert und es mit ihrer letzten CD-Einspielung, der 9. Symphonie von Gustav Mahler, sogar auf die Longlist des Preises der deutschen Schallplattenkritik geschafft. Gleichzeitig haben Ralf Bibiella, für den in seiner Jugend die Alpinistik und die Arbeit als Skilehrer ein „ernstes Nebengleis“ war, und seine in Thüringen aufgewachsene Frau in Rheinhessen auch ihre Liebe für den Wein und das Kochen entdeckt und entwickelt.

Von Kunst umhüllt: Das Kantorenhaus in Oppenheim

Katrin Bibiella hat nach ihrem kirchenmusikalischen Studium noch Literaturwissenschaft studiert, hier promoviert und gerade ihren siebten Lyrikband veröffentlicht. Ihre künstlerischen Arbeiten schmücken das Kantorenhaus in Oppenheim, dessen Herzstück ein lichtes Wohn- und Musikzimmer ist. Beide freuen sich auf die Wiederaufnahme eines umfangreichen musikalischen Programms in der Katharinenkirche, unter anderem ist unter der Leitung von Katrin Bibiella zum 28. Mal die Aufführung einer Kinderoper im Westchor geplant. Und vielleicht wird ja auch, wenn die Chöre sich nach der coronabedingten Zwangspause zahlenmäßig wieder erholt haben, der Traum von der Aufführung der Gustav-Mahler-Sinfonie in Zusammenarbeit mit Kollegen und dem New Yorker Organisten David Briggs wahr. Greifbarer für 2023 steht aber zunächst die Planung für eine Aufführung des Brahms-Requiems zusammen mit dem langjährigen Orchester-Partner „Thüringen-Philharmonie“.