Israel Sonntag040824 becrima

Bildender Blick auf Riten in Christen- und Judentum

Verstehen schafft Verständnis: Israel-Sonntag nimmt in Frücht symbolträchtige Amtstrachten unter die Lupe

Israel Sonntag040824Hochbecrima  FRÜCHT/RHEIN-LAHN. (13. August 2024) Gottesdienste folgen in der Regel einer festen Liturgie, zu der dann meist eine Predigt gehört. Etwas unorthodoxer fiel die christlich-jüdische Feier in der evangelischen Thomaskirche zum diesjährigen Israel-Sonntag aus. Früher eher ein Missionstag, heute dient er dem gegenseitigen Verständnis. Und weil darin das Wort Verstehen steckt, wartete der Nachmittag vor allem mit Wissen zur christlichen und zur jüdischen Religion auf.

Ökumene-Pfarrerin Antje Müller freute sich, dass der jüdische Vorbeter Wolfgang Elias Dorr die Feier mitgestaltete. Die beiden gaben Einblicke in die jeweiligen Amtstrachten, deren Symbolik die gemeinsamen Wurzeln der beiden Religionen verdeutlichte. Müller erklärte etwa, was es mit dem schwarzen Talar und der regenbogenfarbenen Stola, die sie trägt, auf sich hat und Dorr stellte jüdische Kippa und Gebetskleidung vor; er erläuterte seinen Gebetsschal (Tallit) mit seinen Schaufäden (Zizits), von denen jede Franse für eines der 613 Ver- und Gebote der Tora steht. Auch wenn sie der gleichen Heiligen Schrift entstammen, nämlich dem Alten Testament der Bibel, könne man so viele Vorschriften wohl kaum einhalten, meinte Müller und erinnerte an die zehn Gebote, die Mose aufgetragen wurden. Gemeinsam wurden aus christlicher und jüdischer Sicht die beiden wichtigsten Gebote betont: die Liebe zu Gott und die Liebe zu den Menschen, die sich nicht nur auf „Glaubensfreunde“ beschränken solle, sondern auf alle Menschen, auch Fremde, wie die beiden mit der Geschichte „Lederherz“  deutlich machten, in der ein Pfarrer um 1850 berichtete, wie er Sterbebegleitung bei einem jüdischen Hausierer machte, indem er mit ihm das „Sch'ema Jisrael“ (Höre Israel) betete.

Die Bedeutung von Kopftüchern als Demutszeichen vor Gott kam ebenso zur Sprache wie die von Farben. Weiß und Blau als Symbol für Reinheit und Himmel finden sich nicht nur in der jüdischen Gebetskleidung und der Flagge Israels, sondern haben ebenso in der katholischen Kirche Bedeutung, wenn es um die Darstellung der Jungfrau Maria geht, wie Müller berichtete. Wenngleich die beiden Liturgen vor allem die Konfirmanden-Gruppe ansprachen – viel Interessantes dürfte auch den erwachsenen Gästen in der Thomaskirche neu gewesen sein.

Am wichtigsten schienen angesichts der weltweiten Krisen, gerade der in und um Israel, die hebräisch und deutsch angestimmten Gebete und Lieder, die Hannelore Syre auf der Orgl begleitete, wie das „Hevenu shalom alechem“, was übersetzt heißt „Wir wollen Frieden für alle“. Bernd-Christoph Matern

Schweitzer: Bewusstsein für jüdisches Erbe schärfen

SchweitzerSchUM Staetten08 2024 Foto SK DingesDer rheinland-pfälzische Ministerpräsident Alexander Schweitzer hatte es in der vergangenen Woche als ein großes Glück bezeichnet, dass es nach dem Menschheitsverbrechen der Schoa heute in Rheinland-Pfalz wieder aktive jüdische Gemeinden gebe. „Es bleibt unsere Aufgabe, das Bewusstsein für das jüdische Erbe in unserem Land weiter zu schärfen und mit jüdischem Leben und jüdischer Kultur heute zu verbinden“, sagte er anlässlich eines Besuchs der SchUM-Stätten Speyer, Worms und Mainz und weiter: „Es ist unsere gemeinsame Verantwortung, dass Jüdinnen und Juden in unserem Land eine sichere und lebenswerte Heimat haben“.

Zu den Fotos:
Anschaulich erläuterten Antje Müller und Wolfgang Elias Dorr, welche Gründe und Gemeinsamkeiten hinter jüdischen und christlichen Gebetskleidern stecken. Ministrpräsident Alexander Schweitzer würdigte in Speyer die jüdische Kultur, die das Land bereichere. Fotos: Matern/Dinges