Die kleinen Akte der Liebe sind gefragt

RHEIN-LAHN. (25. März 2020) In der Fasten- und Passionszeit öffnen sich normalerweise die Kirchentüren zu regelmäßigen Passionsandachten. Dies ist zurzeit nicht möglich. Deshalb schreibt Dekanin Renate Weigel in jeder Woche bis Gründonnerstag für diese Website eine Passionsandacht. Sie finden diese auch in einer gestalteten PDF-Datei am Ende des Beitrags, die Sie gerne ausdrucken und an Interessierte in Ihrer Umgebung in den Briefkasten einwerfen können.

 

 

 

Und als Jesus in Betanien war im Hause Simons des Aussätzigen und saß zu Tisch, da kam eine Frau, die hatte ein Glas mit unverfälschtem und kostbarem Nardenöl, und sie zerbrach das Glas und goss es auf sein Haupt.
Da wurden einige unwillig und sprachen untereinander: Was soll diese Vergeudung des Salböls?“

(Markus 14, Vers 3 + 4)

so viel Nähe ist in diesen Tagen kaum möglich. Wir sind gewiesen, Abstand zu halten. Das lässt manche gerade sehr allein und einsam sein. Andere hocken in der Familie aufeinander und fallen sich schon mal auf die Nerven. Einsamkeit ist auch im Trubel nicht ausgeschlossen.

Unser Bibelabschnitt aus der Passionsgeschichte des Markus bringt uns zu Jesus, wenige Tage vor seiner Verurteilung. Er hat seit Wochen versucht, über seinen bevorstehenden Tod zu sprechen. Niemand wollte ihn hören, niemand ihn verstehen. Jesus ist allein mit sich und seiner Angst. Wenn ich die Geschichten lese, denke ich sogar, er vereinsamt regelrecht mitten unter seinen Freundinnen und Freunden. Nur das eine trägt: sein Vertrauen in Gott.

Einer einzigen Person gelingt es, die unsichtbare Wand zu durchbrechen, die ihn von anderen abtrennt. Es ist eine Frau. Sie tritt ohne Begleitung auf. Sie wird nicht mit Namen genannt. Sie muss wohlhabend sein; das „Alabastergefäß mit unverfälschtem, kostbarem Nardenöl“ kostet ein Vermögen.

Die Frau hat ihr Vorhaben geplant. Sie tritt zu Jesus. Ohne ein einziges Wort gießt sie das Öl über seinen Kopf. Sie salbt ihn wie eine Prophetin den zukünftigen König. „Sie hat mich im Voraus für mein Begräbnis gesalbt.“ sagt Jesus wenig später. Sie hat ihm eine Liebe erwiesen.

Die das sehen, ärgern sich über die „Verschwendung“. Aber Jesus ist in seiner Einsamkeit für einen Moment erkannt und berührt worden. Das gilt!

Ich glaube übrigens, dass Einsamkeit ein Teil unseres Lebens ist, mal mehr, mal weniger spürbar. Und dass es gut ist, sie zu kennen. Manchmal gibt es keinen anderen Weg als sie zu tragen. Trotzdem ist es eine Wohltat, wenn uns dann jemand liebevoll zu erreichen vermag.

Wie können wir einander unter den geltenden Regeln doch erkennen, erreichen, berühren?

„Ich besuche meine 92-jährige Nachbarin jetzt nicht mehr.“ erzählt mir jemand am Telefon. „Aber wenn ich auf der Straße bin, schaue ich, ob sie am Fenster sitzt. Dann winke ich ihr. Und wenn sie das Fenster öffnet, reden wir ein paar Takte.“

Die kleinen Akte der Liebe sind gefragt. Die kreativen Duftnoten. Warum nicht verschwenderisch? Unsere Gebete. Unsere Lieder. Unsere Unterstützungsaktionen. Unser gemeinsames Vertrauen, dass Gott uns hält und wir in seiner Hand verbunden sind.

Ein Gebet: 

Lebendiger Gott,
auch wenn wir getrennt voneinander ausharren müssen, sind wir doch in dir verbunden.
Begleite uns in unseren Einsamkeiten. Lass uns kleine Taten der Liebe ersinnen.

Diese zur Andacht passenden Lieder aus dem Evangelischen Gesangbuch (EG) können Sie laut oder leise singen oder lesen:

  • EG 592 Du Gott stützt mich
  • EG 558 Vater unser im Himmel
  • EG 97   Holz auf Jesu Schulter

Hier können Sie die Andacht zum Ausdrucken herunterladen