Musik spendet Kraft, Zuversicht und Hoffnung

Dekanatskantoren nutzen neue Medien und setzen in schwierigen Zeiten auf alte wie moderne Lieder

 RHEIN-LAHN. (30. April 2020) Die staatlich verordnete Enthaltsamkeit, um einer unkontrollierten Ausbreitung des Coronavirus vorzubeugen, stellt derzeit die vielen tausend Mitglieder kirchlicher Musikgruppen im Dekanat Nassauer Land auf eine harte Probe. Musik hören, auf die Entfernung  miteinander singen oder nur vor sich hin summen ist dagegen möglich und könne Quelle für Mut und Zuversicht sein, wie die Dekanatskantoren Martin Samrock (Holzappel) und Markus Ziegler (Nastätten) feststellen, sowohl aus der Konserve als auch live. Und Dekanatskantor Ingo Thrun (Bad Ems) kann auf eine Reihe vielseitiger musikalischer Beiträge verweisen, die auf dem YouTube-Kanal der Kantorei Bad Ems seit zwei Jahren eingestellt werden.

„Was mich zur Zeit bewegt, sind einerseits Erfahrungen von Geborgenheit trotz Gefährdung der Gesundheit und von Gemeinschaft über die Grenzen hinweg“, beschreibt Martin Samrock die Bedeutung von Musik während der Kontaktsperren. Das nicht nur digital. „Wir haben in unserer Straße gerade im gemeinsamen Singen und Beten Trost und eine hoffnungsvolle Atmosphäre erlebt“, berichtet Samrock von einem lieb gewonnenen Ritual an seinem Wohnort. Wurde zunächst noch „Der Mond ist aufgegangen“ allabendlich in der Waldstraße angestimmt, erklangen nach der Zeitumstellung um 19 Uhr mit dem Läuten der Glocken aus der Holzappeler Johanneskirche zwei Strophen des Liedes „Von guten Mächten wunderbar geborgen“ in der Straße. Dann das „Vater Unser“ und „die Leute winken sich noch einmal von Balkon zu Balkon oder vom Garten aus freundlich zu“.

Viele „alte“ Lieder gehen dem Kirchenmusiker dieser Tage durch den Kopf: „Auf meinen lieben Gott trau ich in Angst und Not“ oder „Wer nur den lieben Gott lässt walten“. Samrock: „Das sind keine Mainstream-Lieder, doch hier finde ich meine Sorgen und Ängste aufgenommen, nicht überdeckt von pseudofröhlichem Trallala“. Aber auch Stücke der Popularmusik summt der Kantor gern vor sich hin wie „You'll never walk alone“, das sich im neuen Begleitheft zum Evangelischen Gesangbuch findet.

Alte wie neue Kirchenlieder sind es, die Markus Ziegler den fehlenden Kontakt mit Gemeindegesang im Gottesdienst und in seinen Chören erträglicher machen. Er nennt „Befiehl du deine Wege“ und „Von guten Mächten treu und still umgeben“. Selbst Pop-Musik hört er derzeit gern in ihrer Vielfalt mit Eurodance, etwa von Calvin Harris oder auch Balladen von Andrea Bocelli. „Das schafft gute Laune“, so Ziegler, der als Vater ebenso Kinderlieder wie die von Rolf Zuckowski empfiehlt. „Die machen einfach Spaß und lassen eine gewisse Fröhlichkeit zumindest ansatzweise wieder aufkommen“, berichtet der Dekanatskantor. „Das eigene Hören und Singen bereiten gerade jetzt besonders viel Freude, dazu spendet es Kraft und Zuversicht.“

Beide Kantoren haben in den vergangenen Wochen außerdem ein neues Medium genutzt, um Musik, wenn schon nicht real, dann doch wenigsten digital in der Passions- und der Osterzeit mit anderen zu teilen. „Ich sehe es als Chance, in der digitalen Welt stärker Fuß zu fassen“, meint Ziegler. Übers Internet seien Menschen erreichbar, die nicht in Kirchen gehen. „Und sicher auch einige in der Ferne, die dadurch die Möglichkeit haben, diese Musik, gesungen oder gespielt, mitzuerleben.“ Sein Diezer Amtskollege ist froh, dass er unter anderem ein geplantes Vogelstimmen-Konzert an der Orgel, dass live geplant war und abgesagt werden musste, zumindest jetzt teilweise über den YouTube-Kanal des Dekanats Nassauer Land Menschen zugänglich machen konnte.

Beide hoffen natürlich, dass der unsichere Zustand irgendwann der Vergangenheit angehört. „Aber Musik macht Mut und lässt hoffen auf eine wieder besser werdende Welt“, sagt Ziegler.

Nicht erst seit der Gefährdung durch das Coronavirus hat die Evangelische Kantorei Bad Ems einen eigenen YouTube-Kanal. In diesen Wochen ist er aber wieder besonders gefragt, um die Aufführungen, die die Kantorei unter Leitung von Dekanatskantor Ingo Thrun eingespielt hat, noch einmal  anzuhören. Das reale Konzerterlebnis kann diese Form freilich nicht ersetzen. Aber sie lässt Erinnerungen wach werden und schenkt auch Trost und Zuversicht in schwierigen Zeiten.  Bernd-Chr. Matern

Kostproben der beiden Kantoren gibt es im YouTube-Kanal des Dekanats hier.

Wer noch einmal ein größeres Orchesterwerk der Kantorei Bad Ems erleben möchte, wird hier fündig.

 

Zu den Fotos:
Markus Ziegler und Martin Samrock nutzen auch neue Medien, um Menschen mit Musik zu erreichen und geben Tipps, welche Lieder ihnen in schwieriger Zeit Kraft und Hoffnung geben.