04 AartalFlacht becrima

Advent im Nassauer Land – Tür 4

RHEIN-LAHN. (4. Dezember 2020) Heute öffnet sich wieder ein Türchen am Adventskalender mit persönlichen Gedanken von Dekanin Renate Weigel:

Und siehe, du wirst verstummen und nicht reden können, …weil du meinen Worten nicht geglaubt hast.
Lukas 1, 20

Das ist eine verrückte Idee: Wer nicht glaubt, verstummt. Wenn das heute geschähe - würde es sehr still in unseren Kirchen?

In den Geschichten der Wüstenväter und Wüstenmütter (eine Bewegung aus dem 1./2. Jhd. n. Chr. in Ägypten) begegnet mir dieses Phänomen:

Da sind Menschen aus der Welt in die Wüste gezogen, um Christus abgeschieden und in Armut nachzufolgen. Und die Weltmenschen laufen ihnen in die Wüste nach und suchen ihren Rat.

Immer wieder werden die Einsiedler um Lebens- und Glaubenshilfe angefragt. Aber sie reden nicht immer. Wenn sie den Eindruck haben, dass ihnen selbst der Glaube und Gott verstellt sind, schicken sie die Besucher weg. „Ich habe das Wort nicht.“ Ich staune, wie sie sich in dieser Weise ernst nehmen.

Können Pfarrerinnen und Pfarrer sich das leisten? Stellen Sie sich vor, es ist

Advent und Weihnachten und „sie hat das Wort nicht“. Sie bekommt doch Gehalt!

Ich möchte als Pfarrerin Menschen, die auf mich warten, nicht hängen lassen.

Aber ich möchte auch nicht „so tun als ob“. Wie kann das gehen? Pfarrerinnen und Pfarrer und alle, die im ehrenamtlichen Verkündigungsdienst stehen, sind nicht gefeit vor Zweifeln, Unvermögen und Unlust. Manchmal ist schlicht die Batterie leer.

Abgesehen davon, dass zuzeiten eine Pause schon helfen kann, glaube ich, dass es möglich ist, den Mangel mitzunehmen in die Verkündigung. Das heißt nicht, dass die Gottesdienstgemeinde jetzt mit persönlichen Problemen belästigt wird. Ich kann kürzer sein. Zurückhaltender. Und denen eine Stimme geben, die etwa an Weihnachten eben nicht voll der Freude und Liebe sind. Ich kann mir helfen lassen von einem Bild oder einer Musik. Ich nehme mich ernst. Und vertraue mich doch Gott an.

Ich habe einmal einen Gottesdienst am 2. Weihnachtsfeiertag erlebt, bei dem wir an der Stelle der Predigt zum Schweigen eingeladen wurden. Der Pfarrer sagte: „Es ist genug geredet worden.“

Ich habe mich wohl gefühlt.

Dekanin Renate Weigel