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Energiesparen: Von der Kirche ins Gemeindehaus oder Freie

Im Dekanat Nassauer Land wird sparsamer Umgang mit Ressourcen noch verstärkt

St Peter zuDiez11 2019 becrima  RHEIN-LAHN/DARMSTADT. (23. September 2022) Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) hat ihre Gemeinden sowie alle Kirchenmitglieder angesichts der Gasknappheit zum Energiesparen aufgerufen. In einem Rundschreiben, das an mehr als 1000 Kirchengemeinden und EKHN-Einrichtungen ging, wird darum gebeten, aufgrund der „besonderen Lage und in Solidarität mit der Ukraine in allen Kirchengemeinden und kirchlichen Einrichtungen Energie einzusparen und so einen Beitrag zur Energieversorgungssicherheit zu leisten“. 

Für viele Kirchengemeinden im Evangelischen Dekanat Nassauer Land stellt sich nicht erst seit dem Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine die Frage, wie sie Energie sparen und damit den eigenen Etat entlasten und die Schöpfung bewahren können. Corona-Pandemie und explodierende Heizkosten bringen zusätzlich Bewegung in die Reaktionen der Kirchenvorstände.

Als „Winterkirche“ will die evangelische Stiftskirchengemeinde Diez beispielsweise zwischen Silvester und Karfreitag ihre Gottesdienste ins Gemeindehaus verlegen. Außerdem ist geplant, in Verbindung mit den beiden anderen evangelischen Kirchengemeinden in Diez (St. Peter und Jakobus) in diesem Zeitraum einmal im Monat wieder einen Zoom-Gottesdienst anzubieten, die schon in der Corona-Pandemie viele Anhänger fanden. „Wir wollen wieder mehr rausgehen“, gibt Silke Funk, Pfarrerin der Emmausgemeinde Schweighausen, die Stimmung in ihrem Kirchenvorstand wieder. Neun Ortschaften mit fünf Kirchengebäuden zählen zur Gemeinde. Das sei nicht nur energiesparend; die Freiluft-Feiern seien auch Corona-erprobt und niemand wisse, wie sich die Situation bis zum Winter wieder verschärfen könne.

DausenauDaemmerung190922 becrima In Dausenau wurde die Außenbeleuchtung der Kirche bereits vor der staatlichen Verordnung, die am 1. September in Kraft trat und bis 28. Februar gelten soll, ausgesetzt. Nicht nur dort liegt das Anstrahlen der Denkmal geschützten Gebäude in Kooperation mit der Kirchengemeinde in kommunaler Hand, die Umsetzung eine Selbstverständlichkeit. Unnötigen Energiefressern ist schon lange die Kirchengemeinde Flacht auf der Spur, die mit den Aar-Kirchengemeinden nicht von ungefähr beim diesjährigen Stadtradeln ganz vorn dabei ist. Der einfache Austausch von Lampen hat in kirchlichen Gebäuden in Flacht bereits zu einer erheblichen Stromreduzierung geführt. Ab Mitte Oktober werden die normalen Gottesdienste auch dort von der Kirche ins Gemeindehaus verlegt.

SolardachGemeindehausKGMiehlen02 2022 becrimaSo ist das auch in der Kirchengemeinde Welterod angedacht. „Und bei Gottesdiensten in den Kirchen wissen die Leute, dass sie sich im Winter etwas wärmer anziehen“, sagt Gemeindepfarrer Olaf Becher. Ganz unumstritten ist das völlige Abschalten der Beleuchtung in der dunklen Jahreszeit nicht in allen Vorständen. „Wir wollen ja als Christen auch keine Anleitung zur Depression geben“, gibt beispielsweise Singhofens Gemeindepfarrer Harald Peter Fischer überspitzt zu bedenken und kann sich einen Mittelweg vorstellen, indem zumindest stromsparende LED-Leuchten im Innern der Kirche den Menschen etwas Hoffnung schenken. In der Gemeinde an der Bäderstraße wird mit Ausnahme der Advents- und Weihnachtsgottesdienste schon seit Jahren während der Heizperiode vom Einrichdom ins benachbarte Gemeindehaus umgezogen.

„Es ist bemerkenswert, wie viele Kirchengemeinden zwischen Aar, Lahn und Rhein sich bereits für das Projekt Energiemission beworben haben“, sagt Matthias Metzmacher, Pfarrer für gesellschaftliche Verantwortung im Dekanat. Das von der Landeskirche geförderte Energiemanagement-Programm wurde schon Ende vergangenen Jahres aufgelegt, um den CO2-Ausstoß zu verringern. Beratungs-Profis sowie das Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der EKHN begleiten die Gemeinden und erarbeiten ein passgenaues Energieprogramm in Form einer gemeinsam erstellten Maßnahmen- und Prioritätenliste. Bernd-Christoph Matern 

Evangelische Kirchenleitung appelliert an Gemeinden und Mitglieder

In ihrem Schreiben an die Kirchengemeinden weist die Kirchenverwaltung zugleich darauf hin, dass Gemeinden Menschen verstärkt in den Blick nehmen sollen, die durch die dramatisch gestiegenen Energiepreise besonders betroffen sind. So könnten kirchliche Räume beispielsweise auch als Wärmestuben dienen. Gleichzeitig wurde ein umfangreiches Informationspaket entwickelt, das im Internet abrufbar ist unter www.ekhn.de/energiesparen.

LichterkircheAltendiez151219 becrima Die kirchlichen Sparmaßnahmen lehnen sich für Verwaltungsgebäude und Gemeindehäuser an die jüngsten Verordnungen des Bundes an. So sollen beispielsweise Flure in evangelischen Bauten kalt und Büros künftig nicht über 19 Grad geheizt werden. Auch die Fassadenbeleuchtungen sollen ausgeschaltet bleiben. Bei Kirchen, die bereits nach bisher geltenden hessen-nassauischen Richtlinien in der Woche nicht über sieben und zum Gottesdienst nicht über 15 Grad aufgeheizt werden sollen, gibt es dagegen keine neuen Heiz-Vorschriften. Das Papier regt zugleich an, im Winter zu Gottesdiensten gegebenenfalls in Gemeindesäle oder auch ins Freie auszuweichen. Auch verkürzte oder digitale Feiern sowie die Nutzung von Sitzkissen und Decken werden vorgeschlagen.

Eindringliche Bitte zum Sparen in Gemeinden 

Nach Worten des Leiters der EKHN-Kirchenverwaltung, Heinz-Thomas Striegler, befänden sich „Deutschland und weitere europäische Länder infolge des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine in einem Ausnahmezustand im Hinblick auf die Energie- und Gasversorgung“. Er bitte mit der Kirchenleitung „eindringlich darum, dass alle verantwortlichen Entscheidungsorgane, Kirchenvorstände sowie sonstige Leitungsorgane“ sich in ihren Sitzungen mit den Empfehlungen auseinandersetzen, um den bestehenden Herausforderungen verantwortlich begegnen zu können. Hintergrund: Evangelisch Kirchengemeinden sind organisatorisch eigene Körperschaften und treffen ihre Entscheidungen weitgehend eigenverantwortlich. (vr)

Zu den Fotos:
Seit 1. September heißt es Stop für die Außenbeleuchtung von Kirchen, das gilt für die normalerweise angestrahlten Gotteshäuser in Diez wie in Dausenau. Im Dekanat Nassauer Land sorgen die Kirchengemeinden auf vielseitige Weise dafür, Energie zu sparen, etwa durch Solaranlagen auf dem Gemeindehaus-Dach oder de Austausch von Lampen in den gemeideeigenen Räumen. In den kommenden Monaten wollen einige Kirchenvorstände die Gottesdienste von der Kirche ins Gemeindehaus oder auch ins Freie verlegen. Fotos: Matern