AbschiedStMartinsMantel

Sechs Jahre Menschen vor Ort und in der Welt geholfen

Kleiderladen St. Martinsmantel in Nassau geschlossen – Lob und Dank für Einsatz der Ehrenamtlichen: 

NASSAURHEIN-LAHN. (11. November 2021) Der St. Martinstag ist eigentlich erst am 11. November, obwohl der katholische Heilige am 8. November 397 gestorben ist. Auch in diesen Tagen gibt es trotz Corona einige Martinsumzüge und  andere Aktionen, die an die Hilfsbereitschaft des Bischofs von Tours erinnern, der seinen Mantel mit einem nackten Bettler teilte. Eine Initiative, die daran anknüpft, hat seit 2015 das Teilen unterstützt. Nach sechs Jahren ehrenamtlichen Engagements hat der Kleiderladen „St. Martinsmantel“ in Nassau seine Pforten geschlossen. Die einst als ökumenisches Projekt der Flüchtlingshilfe initiierte Kleiderkammer ruhte auf den Schultern anpackender Ehrenamtlicher, die dort nicht nur Kleider, sondern im Laufe der Jahre auch Spielsachen, Geschirr und Möbel sammelten, sortierten und zu einem mehr symolischen Preis weitergaben.

Die lächelnden Gesichter während eines kleinen Abschiedstreffens des Kleiderladen-Teams erzählen nur die halbe Wahrheit. Neben dem fröhlichen Zusammensein, dem Genießen der Gemeinschaft und der guten Speisen, waren auch Trauer und Wehmut Teil des Abschieds. Nach dem letzten Öffnungstag Ende September wurden abends im Pfarrheim die Erinnerungen ausgetauscht, alte Fotos geschaut und der gelungenen gemeinsamen Zeit gedacht.

Seit 2015, erst improvisiert mit Kartons auf einem Hänger, dann im ehemaligen Schleckermarkt und seit 2016 im ehemaligen Restaurant „Nassauer Stuben“ diente der Kleiderladen St. Martinsmantel den Menschen mit kleinem Geldbeutel. Nachdem zunächst vor allem Flüchtlinge eine kostenfreie Grundausstattung und dann für kleinstes Geld Kleidung, Schuhe, Geschirr und später auch Möbel erwerben konnten, wurde der Laden in den weiteren Jahren auch von anderen Nassauern mit kleiner Rente oder Mindestlohn aufgesucht. Auch Schnäppchenjäger fanden zuverlässig originelle Einzelteile.

Da die „G. u. I. Leifheit-Stiftung“ die Räumlichkeiten bis zum vorgesehenen Abriss kostenfrei zur Verfügung stellte, konnten jedes Jahr fünfstellige Beträge als Spende in Flüchtlingslager im Libanon, an den Hospizverein und an die Christoffel Blindenmission überwiesen werden. Ingo Nehrbaß, Geschäftsführer der Leifheit Stiftung übermittelte Dank und Grüße von der Vorsitzenden Ilse Leifheit. Stadtbürgermeister Manuel Liguori dankte im Namen der Stadt Nassau für das gelungene Projekt und bedauerte, dass ohne neue Bleibe und ohne jüngere Mitarbeitenden keine Zukunft des Ladens möglich gewesen war. Später kamen noch der katholische Pfarrer Armin Sturm und Nassaus evangelische Gemeindepfarrerin Mariesophie Magnusson dazu, um dem Team zu danken. Dank der Kontaktpflege von Gerlinde Klein zu Kinderheimen, Obdachlosenunterkünften und Initiativen in den Flutgebieten und durch Sonderangebote und Verschenkaktionen konnten der Stiftung leere Räumlichkeiten übergeben werden.

Uschi Thorn, die Leiterin und das Herz des Martinsmantel, schaute noch einmal zurück und dankte dem Team. Da sie wenig Lust verspürte, in Traurigkeit zu verharren, blickte sie gleichzeitig nach vorne. Im Verein Nassauer für Nassau werden sie und ihr Mann Karl Heinz – mit etwas weniger kräftezehrendem Engagement – weiter für Nassau tätig sein, und sie sprudeln schon vor Ideen. Spätestens nach dem Ende der Corona-Maßnahmen möchten sie gerne – auch mit Hilfe des alten Teams – den Traum einer großen weißen Kaffeetafel für alle Nassauer im Freiherr-vom-Stein-Park verwirklichen. Gesammeltes Geschirr und Besteck aus Martinsmantelbeständen ist eingelagert und wartet auf diesen oder andere Einsätze. „Und ihr müsst dann alle Kuchen backen und mitfeiern!“

Marion und Adolf Kurz überraschten sie mit einem tollen Fotobuch aus der gemeinsamen Zeit, das gerne betrachtet wurde. Das Ehepaar wird weiter und nun mit etwas mehr Zeit bei der Arbeiterwohlfahrt mitarbeiten. Martina Kissel-Staude, Sprecherin der Flüchtlingsinitiative, und Pastoralreferent Michael Staude dankten allen von ganzem Herzen für den Dienst, der für die Menschen in der Region, und durch die Spenden auch für die vom Krieg Vertriebenen im Libanon und für Augenkranke in vielen Ländern ein echter, spürbarer Segen war.

In den letzten Tagen der Öffnung waren immer wieder Kunden und auch andere Nassauer Bürger vorbei gekommen. Sie haben das Aus für den Laden bedauert und den Engagierten von Herzen alles Gute gewünscht. (mks)

Zum Foto:

Die lächelnden Gesichter auf dem Abschiedsfoto des Kleiderladen-Teams erzählen nur die halbe Wahrheit. Der Geschäftsführer der Leifheit-Stiftung Ingo Nehrbaß (links) und Nassaus Stadtbürgermeister Manuel Liguori (rechts) dankten den ehrenamtlichen Kräften für ihren engagierten und beherzten Einsatz.