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Junge Frühaufsteher backen Brot für die Welt

Konfis in Hahnstätten sind für Hilfsaktion in Bäckerei Wick aktiv – Fast 1000 Euro erzielt

 HAHNSTÄTTEN/RHEIN-LAHN. (2. November 2021) 5 Uhr 59, am Samstag: Fünf müde Teenager betreten die Backstube der Hahnstätter Bäckerei Wick. Sie bbeteiligen sich an der Aktion „5000 Brote“, die der evangelischen Hilfaktion Brot für die Welt zu gute kommt.

Zuvor steht bei dem Besuch in der Backstube natürlich der Sicherheits- und Hygienecheck an: Coronatest, Kopfbedeckung, gründliches Händewaschen. „Als erstes müssen wir den Teig ansetzen!“, verkündet Mirek, der Chef in der Backstube. In der Rührmaschine landen vortemperiertes Wasser, Salz, frische Hefewürfel, so groß wie Backsteine, reichlich Roggen- und Weizenmehl, Sauerteig und sonst: nichts. Dieselben Zutaten wie vor hundert Jahren. Und wie damals geht es in der Backstube staubig zu. „Können wir das Mehl nicht einfach weglassen?“, fragt Pfarrer Urs Michalke und erntet strafende Blicke.

Unermüdlich vermengt die Maschine die wenigen Zutaten und knetet schließlich einen pastösen, feucht-glänzenden Teig von mehr als zwei Zentnern Gewicht. Gut, dass das die Konfis nicht mit den Händen machen müssen. „Jetzt muss der Teig erstmal schlafen!“, verkündet Mirek, und die Jugendlichen ziehen sich mit neidvollen Blicken in die hinteren Räume des benachbarten Cafés zurück. Schlafen: Nichts könnte gestressten Achtklässslern an einem Samstagmorgen um 6.40 Uhr stimmiger erscheinen. Gut, dass Inhaberin Beata Wick ein großes Herz hat. Die Jugendlichen können sich Getränke bestellen, Pfarrer Michalke ordert Kaffee und schon bald wird die Mannschaft wieder in die Backstube gerufen.

5000BroteHahnstaettenD KGGekonnt wuchten Mirek und sein Kollege die zähe Tagemasse aus der Maschine und spätestens jetzt weiß jeder, warum die Kerle so kräftige Oberarme haben. Das Bäckerhandwerk ist nichts für Schlafmützen, Faulpelze und lahme Enten. Zackig geht es weiter: Teig abwiegen, jeden Teigling mit den Händen durchkneten, Brote formen, auf eine leinene Bahre legen. Mittendrin: Schichtwechsel. Fünf Jugendliche treten den Heimweg an, während sechs neue Konfis getestet und gewaschen die restlichen Laibe formen. Mirek: „Jetzt muss der Teig nochmal schlafen!“ – doch schon wenig später müssen die Teenager wieder ran: Die blassen Teiglinge sind auf wundersame Weise zu beeindruckender Größe angeschwollen. Als die Jugendlichen sie in den Ofen einschießen, schwitzt der schon bei 278° Celsius vor sich hin. Wieder muss es schnell gehen: Klappe auf, Brote rein, Klappe zu.

Während die Brote Farbe und Kruste entwickeln, verzehrt die junge Mannschaft nach Wunsch belegte Brötchen und sinniert über biblische und außerbiblische Zitate zum Stichwort „Brot“. Als sich 50 Minuten später die Offenklappen wieder öffnen, verbreitet sich ein angenehmer Duft in der Backstube. Etwa 140 gut gebräunte Roggenmischbrote wollen mit beeindruckend langen Brotschiebern aus dem heißen Ofen geholt werden – jede/r Jugendliche muss dabei ran – im Schweiße seines/ihres Angesichts.

Jetzt noch: in Papier eintüten und in Stoffbeutel stecken. Die hat Beata Wick gestiftet, wie überhaupt alles an diesem jungen Samstag Morgen: die Zutaten, die Energie- und Personalkosten, Brötchen und Getränke für die Jugendlichen. Und was viele noch nicht wissen: An jenem 30. Oktober 2021 geht eine Ära zu Ende. Die 140 für den guten Zweck gebackenen Brote waren die letzten, die bei der Hahnstätter Traditionsbäckerei Wick aus dem Ofen geholt wurden. Ein halbes Jahrhundert lang hat die Bäckersfamilie Hahnstätten und andere Dörfer Tag für Tag mit frischen Backwaren versorgt. In den von den Jugendlichen hergestellten Broten landete auch das Anstellgut, also jener Sauerteig-Anteil, der von Tag zu Tag – manchmal über Monate und Jahre hinweg – weiterkultiviert wird, um neues Roggenmehl zu durchsäuern.

5000BroteHahnstaettenA KGWie es im Stammhaus in der Aarstraße 49 weitergehen wird? Wer weiß, vielleicht wird hier in ein paar Monaten das Brot eines anderen Bäckers über die Theke gehen. „Familie Wick werden wir auf jeden Fall in tiefer Dankbarkeit verbunden bleiben – auch, weil sie uns Jahr für Jahr mit einem wunderschön dekorierten Brot für den Erntedank-Altar erfreut hat“, so Pfarrer Michalke. Die vielen Brote fanden jedenfalls dankbare Abnehmer. Mit logistischem Feinsinn sorgte Monika Bartels dafür, dass alle vorbestellten Exemplare ihre Empfängerinnen erreichten. Am Ende kamen bei der Aktion 969 Euro zusammen, die komplett an BROT FÜR DIE WELT überwiesen wurden. Mit dem Erlös werden drei aktuelle Ausbildungsprojekte für junge Menschen in Äthiopien, Brasilien und Indien gefördert. Mehr dazu unter www.5000-brote.de
(um/Fotos: Kirchengemeinde)