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Drei Jugendreferenten des Dekanats gehen in Ruhestand

Suche und Fragen der Teenager in 40 Jahren unverändert – Weniger Verbindlichkeit und Gemeinschaftssinn

 RHEIN-LAHN. (4. Juni 2024) Gleich von drei langjährigen Mitarbeitern in der Jugendarbeit muss sich das evangelische Dekanat Nassauer Land am Freitag, 7. Juni ab 18 Uhr in Braubach verabschieden. Die Dekanatsjugendreferenten Andreas Barth und Torsten Knüppel sowie Gemeindepädagoge Werner Schreiner treten ihren Ruhestand an. Die Abschiedsfeier, zu der das Dekanat einlädt, beginnt um 18 Uhr mit einem Gottesdienst mit Dekanin Kerstin Janott in der Markuskirche (Wilhelmstraße 8); anschließend gibt es einen Empfang mit Imbiss, Musik und Unterhaltung in der Barbarakirche (Rheinstraße 2).

Andreas Barth wollte ursprünglich Bewährungshelfer werden. Doch dann verschloss ihm Gott („Ich kann es rückblickend gar nicht anders beschreiben“) diese Tür und öffnete die zu seinem liebsten Hobby, das er in seiner damaligen Kirchengemeinde Nierstein noch ehrenamtlich ausübte, der Jugendarbeit. 1984 startete er als Dekanatsjugendreferent im ehemaligen Dekanat Nassau. Nach der Fusion der drei Rhein-Lahn-Dekanate und seiner Wahl zum Vorsitzenden der Mitarbeitervertretung, verblieb ihm zwar nur noch ein Viertel seines Dienstauftrages, den er aber mit ganzem Herzen fortführte.„40 intensive und sinnvolle Berufsjahre hat mir die Arbeit beschert“, so sein Resümee.

Torsten Knüppel wollte eigentlich Biologielaborant werden. Doch eine Allergie gegen Exkremente von Mäusen und Ratten durchkreuzte diese Berufspläne. So folgte er seiner christlichen Überzeugung und einem Faible für die kirchliche Jugendarbeit, der er beruflich bis ins Rentenalter treu bleiben konnte. „Mein damaliger Pfarrer und der Diakon hatten mich auf diesen Beruf richtig heiß gemacht“, erinnert sich Knüppel an seinen Berufsstart in der rheinischen Landeskirche. Und für die brennt er seit seiner Einsegnung als Diakon 1984 auch heute noch.

Seit 1979 ist Werner Schreiner in der kirchlichen Jugendarbeit aktiv. Dem Anerkennungsjahr nach dem Studium in Köln folgte die Arbeit als Gemeindepädagoge in Frankfurt, bevor er diesen Dienst von 1983 bis 2021 in Wiesbaden ausübte. 2001 kam die Jugendarbeit fürs Dekanat St. Goarshausen noch hinzu. „Ich verstehe mich nach wie vor als einen spirituell suchenden Menschen“, erklärt Schreiner, dem wichtig war und ist, „junge Menschen mit auf diese Suche einzuladen und die eigene Begeisterung an sie weiterzugeben“.

Nach der Frage nach dem „einen“ Highlight ihres Berufslebens tun sich die drei Referenten schwer. Freizeiten, Konfi-Arbeit für die Kirchengemeinden, Jugendgottesdienste und andere Veranstaltungen, die sie für und mit tausenden Kindern und Jugendlichen auf Gemeinde-, Dekanats- und Landeskirchenebene erlebten, lassen den einen Favoriten kaum zu. „Ein durchgehendes Highlight durfte ich dadurch erleben, dass ich immer wieder ehrenamtliche junge Menschen, die ich ausbilden durfte, an meiner Seite wusste“, formuliert Andreas Barth. Von ihnen habe er viel gelernt. „Ihnen und Jesus Christus, der mir ein gesegnetes Berufsleben geschenkt hat, bin ich auch über die Altersgrenze hinaus zutiefst dankbar.“ Ans Felsenklettern unter dem Motto „Gott ist wie ein Fels“ und den mobilen „Church-Escape-Room“, denkt Werner Schreiner gern zurück. Den Gewinn des deutschlandweiten „Konfi-Cups“ nennt Torsten Knüppel, der auf den alljährlichen Dekanats-Turnieren basiert, bei denen die Jugend ihre Fußballleidenschaft im kirchlichen Kontext ausleben konnte.

Vieles hat sich in den vergangenen vier Jahrzehnten geändert. Schreiner: „Beim Berufsbeginn gab es noch Matrizendrucker statt Kopierer, Schreibmaschine statt Computer und weder Internet noch Handy“. Heute wird mit WhatsApp und anderen neuen Medien eingeladen, sagt Knüppel. Trotzdem sei es einfacher gewesen, zu Freizeiten und Veranstaltungen einzuladen. Nur in der Coronazeit hätten die Einschränkungen von Begegnungen die Angebote der Evangelischen Jugend wertvoller gemacht, und wenn sie noch so unspektakulär daherkamen, bemerkt Schreiner. Die tiefgreifenden Punkte im Leben der Teenager seien unverändert: „Die Sehnsucht nach Liebe und Anerkennung“, stellt Barth fest. Letztlich gehe es um die Frage: Was ist der Sinn meines Lebens und was trägt mich dauerhaft? Barth wollte den jungen Menschen auf dem Weg zu einer Persönlichkeit behilflich sein, die im Vertrauen auf Gott „in dieser Gesellschaft anpackt und Lichtträger für diese oftmals so dunkle Welt ist“.

Allerdings hätten es junge Menschen heute schwerer, ihren Platz unter Gleichaltrigen und in der Gesellschaft zu finden, sagt Schreiner. Der Lebensbereich Schule nehme immer mehr Platz ein, soziales Lernen in kirchlichen Gruppen und Vereinen habe weniger Raum. Alle Drei beobachten einen Mangel an Verbindlichkeit. Und das nicht nur bei Jugendlichen, sondern in der Gesellschaft. Für Barth eine Folge der Individualisierung, die nach immer mehr Glanzpunkten und neuen Möglichkeiten suchen lässt statt nach festen Grundsätzen: „Es wird oft vergessen, dass Zusammenarbeit und eigenes Engagement für andere Menschen der Leim für diese Gesellschaft sind“. Auch wenn der kirchliche und biblische Hintergrund an Bedeutung verliere, ist Knüppel nach wie vor überzeugt: „Das Interesse an christlichen ethischen Themen ist immer noch vorhanden“. Das persönliche Gespräch in kleiner Runde fand er dabei immer wichtig. Schreiners Fazit unterschreiben auch seine beiden Mitstreiter in der Jugendarbeit des Dekanats: „Ich bin überaus dankbar für die vielen schönen Begegnungen mit so vielen tollen Menschen, groß wie klein, alt wie jung“. Bernd-Christoph Matern

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Werden am Freitag in Braubach in den Ruhestand verabschiedet (von rechts): die Dekanatsjugendreferenten Andreas Barth und Torsten Knüppel sowie Gemeindepädagoge Werner Schreiner. Foto: Matern