Jubiläum mit Mendelssohn: Alles was Odem hat, lobe den Herren
Evangelische Kantorei St. Goarshausen feiert mit eindrucksvollem Konzert 25-jähriges Bestehen
SANKT GOARSHAUSEN/RHEIN-LAHN. (20. November 2024) „Alles, was Odem hat, lobe den Herrn“. So lassen es lautstark Chor und Orchester in der katholischen Kirche von St. Goarshausen erklingen. Ein passendes Finale für das Konzert, mit dem die evangelische Kantorei St. Goarshausen an ihre Gründung vor 25 Jahren erinnerte. Im Mittelpunkt der konzertanten Jubiläumsfeier stand Felix Mendelssohn-Bartholdys zweite Sinfonie (opus 52) „Lobgesang“ mit dem zitierten pompösen Schlusschor.
Johann Sebastian Bach, bekannt als „fünfter Evangelist“, darf dabei nicht fehlen. Dessen Kantate „Der Friede sei mit dir“ eröffnet den wundervollen Abend für Chor, Solisten und Orchester. Letzteres, die Vogtland Philharmonie Greiz/Reichenberg, sorgt für ein ebenso sicheres wie einfühlsames musikalisches Fundament. Sie, insbesondere die quirlig aufspielende Violine, und Solist Falko Hönisch aus St. Goar verleihen Bachs vertonter Sehnsucht nach „Friede, Freud und Seligkeit“ bei Gott in einer von Krieg und Streit geprägten Welt Ausdruck und Tiefe. Souverän und anrührend nimmt der Bassist auch in hohen Lagen die Besucher mit in die barocke Bach´sche Bekenntniskraft; besonders schön der zweite Satz, in der zusammen mit Sopranistin Caroline Monteith aus Wiesbaden das Hoffen zwischen Weltschmerz und jenseitig verspielter Verklärung zur Geltung kommt, bevor die Kantorei ins österliche Finale einstimmt.
Als Hommage an Bach hat der französische Pianist Francis Poulenc sein Konzert in g-Moll für Orgel, Streicher und Pauke 1938 komponiert. Eine ungewöhnliche Kombination, die dem Jubiläum in St. Goarshausen symphonischen Glanz beschert und dem Publikum ein gigantisches Hörvergnügen. Mit Wucht beginnt das Werk, dessen unglaublich erfinderische Schöpfungskraft Orchester und Solist Torsten Laux (Düsseldorf) an der Orgel (Foto) prachtvoll ins Kirchenschiff tragen. Die Stimmung wechselt von bedrohlich wirkendem dreifachem Forte mit kräftigen Orgel-Registern und knallenden Paukenschlägen zu säuselnd sphärischen Sequenzen der Streicher und sanften Zungenregistern; rasant jagende Rhythmen münden in lyrisch moderaten Passagen, dem dissonanten Aufbrausen folgt Konsonanz in Moll und sogar Dur. Das erinnert ans stürmische Meer im Neuen Testament, dessen aufgepeitschte Wellen von Jesus gestillt werden. Solist und Orchester brillieren in dynamischer Phrasierung und temporeicher Virtuosität, die ihnen Partitur und Dirigent abverlangen und mit denen sie sich die Themen zuspielen.
Nach diesem instrumentalen Genuss zeigt die Kantorei in Mendelssohns Lobgesang, welch homogenen Klangkörper Markus Ziegler aus den drei Dutzend Sängerinnen und Sängern geformt hat. Besonders schön kommen tonale Sauberkeit und Akkuratesse im dynamischen Miteinander im á cappella beginnenden Choral „Nun danket alle Gott“ zur Geltung. Beachtlich, welche Höhen im Mendelssohn-Werk im Sopran sicher und sauber erreicht werden. Auch in hymnisch kräftigen Abschnitten, wenn die zehnteilige Kantate ihre symphonische Größe offenbart, wird der Chor mit Orchester und Solisten zum jubelnden Wegbereiter der christlichen Botschaft. Ein Beispiel dafür der Abschnitt „Die Nacht ist vergangen“ mit einer bestens aufgelegten Sopranistin Caroline Monteith. Die gibt sich mit Mezzosopranistin Tiina Lönnmark (Frankfurt) etwa im Duett „Ich harrete des Herrn“ ein überzeugend einfühlsames und tonreines Duett. Nicht zu vergessen Nathan Fischer (Frankfurt), der in Rezitativ, Tenor-Solo und im lobenden Duett mit der Sopranistin glänzen darf. Das prächtig schallende „Halleluja, lobe den Herrn!“ des Chores ist der I-Punkt des mitreißenden Jubiläumskonzertes.
Dass es diesen außergewöhnlichen Hörgenuss überhaupt im Mittelrheintal zu erleben gibt, ist dem Mann am Pult zu verdanken. Dekanatskantor MarkusZiegler hat nicht nur eine sichere Hand für begeisternde kirchenmusikalische Werke. Er hat in den vergangenen 25 Jahren mit der Kantorei St. Goarshausen auch einen Stimmkörper aufgebaut, der sie zu singen versteht und in singbegeisterten Menschen der Region Lust aufs Mitmachen weckt. Der ganze konzertante Abend ist ein klingender Beweis für den Grund der Jubiläumsfeier: Anspruchsvolle Chorwerke einzustudieren und aufzuführen und deren Bekenntniskraft einem breiten Publikum jenseits großer Städte zu präsentieren. Dafür gibt es am Ende anhaltend kräftigen Beifall. Bernd-Christoph Matern
Zu den Fotos:
Viel Beifall gab es für das Jubiläumskonzert der evangelischen Kantorei St. Goarshausen unter Leitung von Dekanatskantor Markus Ziegler. Fotos: Matern