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Advent im Nasssauer Land – 13. Tür

RHEIN-LAHN. (13. Dezember 2020) Heute öffnet sich wieder ein Türchen am Adventskalender mit persönlichen Gedanken von Dekanin Renate Weigel:

Wie soll ich dich empfangen?

Auch dieses Lied löst zuerst eine Kindheitserinnerung aus. Ich hatte es im dritten Schuljahr auswendig zu lernen. Vor allem die erste Strophe war eine Anfechtung! „Seelen Zier“, „Fackel beisetzen“ und „ergötzen“, das alles erschloss sich mir beim besten Willen nicht.

Anders ging es mir mit der Melodie. Die mochte ich gleich. Wir sangen das Lied im Adventsgottesdienst der Gemeinde vierstimmig. Ich hatte zwar vorher schon im Kanon gesungen, aber nun stand ich zum ersten Mal im „Alt“. Was zu Hause einwandfrei klappte, scheiterte in der Kirche kläglich. Ich war wie zugeschlossen, brachte keinen einzigen Ton heraus und wäre am liebsten vom Erdboden verschwunden.

Später habe ich „Wie soll ich dich empfangen“ lieben gelernt. Vielleicht, weil die Scham in ihm ein Thema ist. „Als mir das Reich genommen, da Fried und Freude lacht“ – spätestens in der Pubertät war das ja ein Teil der Not, manchmal einfach nicht glücklich und froh sein zu können, weil sich alles verkehrt anfühlte. „Ich stand in Spott und Schanden“, dazu musste man nur Schülerin sein, um zu wissen, dass genau das nie passieren durfte. Das Lied sprach an, was überall tabu war. Ich fühlte mich auf altertümliche Weise aufgehoben.

So geht trösten. Das habe ich als Erwachsene in der Seelsorgepraxis erleben können. Trösten heißt, „es“ kann gesagt und gezeigt werden und jemand hört und sieht.

Jesus ist einer, der hört und sieht. Und der will. Gott ist der Raum, in dem ich sein kann.

Dekanin Renate Weigel