22 Holzappel becrima

Advent im Nasssauer Land – 22. Tür

RHEIN-LAHN. (22. Dezember 2020) Heute öffnet sich wieder ein Türchen am Adventskalender mit persönlichen Gedanken von Dekanin Renate Weigel:

Rabbi, …wo ist deine Herberge? Er sprach zu ihnen: Kommt und seht!   Johannes 1, 38 + 39

Der Evangelist Johannes erzählt keine Kindheitsgeschichte von Jesus.

Nach dem Prolog steigt er ein mit Johannes dem Täufer. Und bald begegnen wir dem erwachsenen Jesus. Wir werden Zeugen eines eigentümlichen Geschehens:

Johannes und zwei seiner Jünger sehen eines Tages Jesus auf der Straße vorübergehen. Die beiden Jünger gehen Jesus spontan hinterher. Der dreht sich um und fragt sie, was sie wollen. Sie antworten ihrerseits mit einer Frage: Wo wohnst du? Seine Antwort: „Kommt und seht.“ Und sie kommen und sehen und bleiben den Tag über bei ihm.

Die Begebenheit wirft Fragen auf: Hat Jesus gewohnt? War er in einer Herberge oder bei Freundinnen? Verbrachten die beiden Jünger einen Tag mit Jesus in der Küche?

„Kommt und seht!“ Ähnlich ruft uns das Motto des Ökumenischen Kirchentages 2021 zu: „Schaut hin!“ Doch zuvor laden wir die Menschen in unseren Kirchengemeinden ein, miteinander Weihnachten zu feiern. Was sehen und erleben die Menschen, wenn sie in unsere Veranstaltungen und Gottesdienste kommen?

Erleben sie „etwas“, was wir für sie vorbereitet haben? Oder erleben sie „uns“?

Lädt die Gemeinde zu „etwas“ ein, oder lädt sie „zu sich“ ein?

Wird sie, werden wir erkennbar, erlebbar?

Was nach einem hohen Anspruch aussehen mag, ist eher eine Spur, die sortieren hilft. Jesus lässt die Menschen bei sich sein. So lebt und teilt er Gegenwart Gottes. Wenn ich dem nachgehe, ist es nicht die erste und wichtigste Frage, was ich mir für andere überlege und was ich ihnen anbiete. Wichtiger ist, ob und wie ich bin. Auch eine Kirchengemeinde müsste nicht nur etwas bieten, sondern vor allem sein.

Dekanin Renate Weigel