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Kirchentag: Plattform für Gemeinschaft und Wiedersehensfreude

Trotz Menschenmassen treffen sich bekannte Gesichter aus fern und nah

 HANNOVER/RHEIN-LAHN. (3. Mai 2025) Es ist schon erstaunlich: da tummeln sich in einer Großstadt wie Hannover mehr als 100.000 Menschen, die den Deutschen Evangelischen Kirchentag besuchen, und dann treffen sich ganz zufällig auch alte Bekannte aus fern und nah. So erleben das derzeit auch Leute aus dem Rhein-Lahn-Kreis, die mit einer Gemeinschaftsfahrt des Dekanats oder auf eigene Faust das Großereignis besuchen.

DEKT 020525 Cremers Beeres becrima Die Reisegruppe des Dekanats selbst kommuniziert über eine App miteinander, verabredet sich zu Veranstaltungsbesuchen oder die Pause zwischendurch. Aber manchmal stehen auch in bis zu 10.0000 Personen fassenden Hallen alte Bekannte plötzlich vor einem. So trieb es per Zufall einige Rhein-Lahn-Christen zu einer Bibelarbeit mit Armin Laschet, als plötzlich in der Zuschauermenge Daniel Cremers ehemaliger Pfarrer in Flacht neben ihnen stand. „Ich war schon lange nicht mehr auf einem Kirchentag; jetzt wurde es mal wieder Zeit“, so der Theologe, der mit seiner Frau jetzt in einer Kirchengemeinde bei Wetzlar arbeitet. Die Wiedersehensfreude war groß. Auch die mit Urs Michalke, DEKT 030525 Michalke becrima der als Auslandspfarrer in Italien beheimatet ist, nachdem er in der Vergangenheit schon in Kaub und Hahnstätten seinen Dienst tat. „Mir hat eine Bekannte, die ich 20 Jahre nicht mehr gesehen habe, plötzlich auf die Schulter getippt“, berichtet ein anderer Reisender.

„Der Kirchentag ist auch ein Gemeinschaftserlebnis“, sagt Uli Werner, stellvertretender Vorsitzender der Synode des evangelischen Dekanats Nassauer Land. Das ist auch der Grund, warum er mit einer größeren Gruppe noch einmal Quartier in einer Schule bezogen hat. „Das stärkt die Gemeinschaft“, hat er in der Vergangenheit erfahren. Und es sei gut, wenn man vor dem Schlafengehen noch einmal zusammen kommt und das Erlebte teilen kann.

Von riesiger Wiedersehensfreude berichtet Anja Beeres aus Obertiefenbach mit dem ehemaligen Propst für Südnassau Sigurd Rink am Stand der Diakonie Deutschland. Auch der Stand selbst war beeindruckend mit seinem Inklusionscafé in der Mitte. „Wir haben dort Schuhe angezogen nach dem Motto: Wer über jemanden reden will, muss erstmal einen Weg in dessen Schuhen gehen. Der Markt der Möglichkeiten in zwei Messehallen ist nicht nur Begegnsort. Dort holen sich die Teilnehmenden aus dem Rhein-Lahn-Kreis auch jede Menge Anregungen für die Arbeit in den eigenen Gemeinden.

Das umfassende Programm macht nicht nur die Auswahl schwer. Angesichts der hochkarätigen Diskussionsforen fordert es auch ordentlich den Geist. Und weil das Messegelände in Hannover wie die Innenstadt selbst relativ groß ist, wird dem Körper ebenso gehörig Kraft abverlangt. Da tun geistliche und spirituelle Impulse sowie musikalische Intermezzi besonders gut. Und davon gibt es an allen Tagen für alle Geschmäcker reichlich. Eine Bibelarbeit zum Mittanzen wird da etwa angeboten. „Love will make us unafraid“ lässt sich in der Halle nebenan das beliebte Duo „2Flügel“ am Ende einer eindrucksvollen Bibelarbeit von tausenden Stimmen, die die Halle füllen, sanft begleiten. Andere finden während einer Kerzenprozession mit stillen Fürbitten etwas Ruhe für Körper und Seele.

DEKT 020525 Laschet becrima DEKT 020525 Tietz becrima Und dann trifft man immer wieder auf „Promis“ aus Politik, Gesellschaft und Kirche. Die neue Kirchenpräsidentin der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) Christiane Tietz und den ehemaligen Ministerpräsidenten von Nordrhein-Westfalen Armin Laschet in einer Bibelarbeit. Der stellt fest, dass Kirche immer auch politisch ist, schlägt einen Bogen von den Flüchtlingen in biblischen Zeiten und heute, ruft dazu auf, sie mit Respekt zu behandeln („der Einzelne kann nichts dafür, wie die Welt ist“) und hofft, dass verhindert werden kann, dass osteuropäische Staaten wie die Ukraine oder Lettland in „babylonische Gefangenschaft“ geraten. Nebenan appelliert Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil, den Gemeinschaftsgedanken nochstärker nach außen zu tragen, „mutig, stark, beherzt“, so der Politiker.

DEKT 020525 Juliastehend becrima Julia Klöckner wiederum bekräftigt in Hannover noch einmal ihre Haltung, dass Kirche nicht eine zusätzliche Partei werden darf. Vielmehr müsse sie sich häufiger zu Sinnfragen äußern. Gleichzeitig warnte die Theologin und neue Bundestagspräsidentin Politikerinnen und Politiker davor, Ängste von Menschen zum Erreichen eigener politischer Ziele zu missbrauchen. Es gehe vielmehr darum, Ängste zu bezwingen. „Angst befreit nicht, Angst verkleinert“, so die Christdemokratin. Sie appellierte, Demokratie immer wieder zu erarbeiten. „Demokratie gibt es nicht im Schlafwagen.“

DEKT 030525 Budde becrima Evangelium statt
Politisierung

Nebenan wird Bischöfin Mariann Edgar Budde von rund 4500 Gästen mit „Standing Ovations“ begrüßt, die den „mächtigsten Mann der Welt“ Donald Trump in einem Gottesdienst zu dessen Einführung um Erbarmen und Mitgefühl für die Schwächsten der USA, für die dort lebenden Flüchtlinge und Menschen anderer Herkunft bat. Sie dankt nicht nur für diesen bewegenden Empfang, sondern auch für die vielen unterstützenden Worte, DEKT 020525 Kaesmann becrima die sie seither damit auch aus Deutschland erfahren hat. In ihrer Bibelarbeit betont sie, dass auch Frauen Jünger Jesu gewesen seien. Anja Beeres hat die Begegung besonders bewegt, „weil da Evangelium pur verkündet wurde“. Eine ganz tolle Auslegung über die Nacht und die Dämmrung sei das gewesen, die Rettung und die Liebe, die danach kommt. „Mich haben Liebenswürdigeit und Warmherzigkeit dieser Frau sehr bewegt, die überhaupt  nicht politisieren wollte“, erzählt die langährige Präses des Dekanats Nassauer Land. Sie hätte damit den Saal „ja rocken können“, so Beeres. „Das hat sie sowieso getan, aber durch ihre Auslegung des Evangeliums“.

„Es geht nicht um Herkunft, es geht um Zukunft“, sagt die populäre Theologin und Buchautorin Margot Käßmann nebenan in ihrer Bibelarbeit in einer ebenso übervollen Messehalle in ihrer Bibelarbeit „Mut zum Aufbruch“. An die Rolle der Frauen (nicht nur) an Ostern erinnert der Limburger Bischof und Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz Georg Bätzing in DEKT 030525 GeorgBaetzingSpieltKeyboard02 becrima einer Dialogbibelarbeit mit der Präsidentin des Bundesgerichtshofs in Karlsruhe Bettina Limperg. „Die Jünger sind weggelaufen, die Frauen waren am Grab“, stellt der Theologe fest. Er äußert sich zudem zu demkratischeren Strukturen und der Einheit der Kirche und warb um Zeit. Es lasse sich nicht ad hoc überwinden, was sich in 500 Jahren entwickelt habe. „Aber wir müssen dranbleiben“, erinnerte Bätzing an die kleinen Schritte, die etwa in der Frage eines gemeinsamen Abendmahls nach zwei Jahren intensiver Vorbereitung zu einer Annäherung geführt habe: „Wir laden uns gegenseitig ein“. Sein überzeugtes Bemühen um Veränderungen finden bei den Besuchern aus dem evangelischen Dekanat Nassauer Land mehr als Wertschätzung. „Das überzeugt mich nicht nur, was er sagt; ich glaube ihm auch, dass er das genauso meint“, ist etwa Gerd Jung aus Dausenau nach der Begegnung von Bätzings authentischer Art und seinen kluge Gedanken angetan. Um den katholischen Bischof zu treffen, müssen Menschen aus dem Rhein-Lahn-Kreis zwar nicht nach Hannover fahren, aber dort lernten sie das Oberhaupt der katholischen Geschwister in Deutschland sogar als Klavierspieler kennen, als Bätzing am Keyboard ein Lied mit den 3000 Gästen in der Halle anstimmte.

DEKT 020525 EKHN Empfang 02 becrima Bekannte Gesichter aus Hessen-Nassau gibt es auch während eines Empfangs der EKHN am Maschsee zu sehen, wo Stellvertretende Kirchenpräsidentin Ulrike Scherf Gäste aus europäischen Partnerkirchen begrüßt und zugleich den Menschen dankt, die sich aus dem Gebiet der Landeskirche in den großen Kirchentag mit eingebracht und ihn mit vorbereitet haben, an vorderster Stelle dem Landesausschuss und vielen ehrenamtlichen Kräften. Zeit zum Austausch und Kräfte auftanken, bevor es im Programm weitergeht.  Bernd-Christoph Matern

Hier finden Sie einen Beitrag über die Musik, die den Teilnehmenden aus dem Rhein-Lahn-Kreis in Hannover  angeboten wurde.

Hier finden Sie einen Beitrag wie die Teilnehmenden aus dem Rhein-Lahn-Kreis ihren ersten Tag in Hannover erlebt haben und sich aufs Programm vorbereitet haben.

Zu den Fotos:
Begegnungen mit Menschen, die man lange nicht gesehen hat, beschert der Kirchentag. Aber auch viele Prominente und deren Überzeugungen kann man kennen lernen. Die neue EKHN-Kirchenpräsident Christiane Tietz nahm sich trotz vollem Terminplan Zeit für ein Gruppenfoto mit Besuchern aus dem Rhein-Lahn-Kreis nach einer Bibelarabeit mit Armin Laschet. Fotos: Bernd-Christoph Matern