Handwerkspaten sind bei Kleinen hoch im Kurs
Evangelische Initiative bringt männliches Know-how in die Kindertagesstätten der Region
Bornich/RHEIN-LAHN. (23. Juni 2025) „Mein Opa hat auch einen Hammer“, sagt ein Fünfjähriger voller Stolz in der evangelischen Kindertagesstätte (Kita) „Kinderhaus Rappelkiste“ in Bornich. Dabei sieht er neugierig und erwartungsvoll Dietmar Dommershausen an, der als Handwerkspate der Initiative 55plus-minus seit seinem Renteneintritt vor acht Jahren in der Einrichtung mit den Kindern werkelt. Im eigens dafür eingerichteten Werkraum der Kita steht an diesem Dienstag der Bau eines Nagelbretts auf dem Plan.
Auch wenn die eigenen Enkel nach und nach in die Schule wechselten, ist Dommershausen dem erfüllenden Ehrenamt treu geblieben. „Aus Spaß an der Freude“, sagt der Projektbetreuer. Die glänzenden Augen der Kinder, wenn sie ein Werk mit ihrer Hände Arbeit vollendet haben, seien Motivation genug. Genauso geht es Fred Flackus, der seit zwei Jahren regelmäßig in der Kita 90 Minuten lang mit seinem Know-how zu Gast ist. „Ich bastele ja auch gern und viel mit meinen Enkeln“, sagt der gelernte Heizungsinstallateur. „Da kommt der Opa Fred“, freuen sich die Kinder nicht nur alle 14 Tage dienstags in der Einrichtung, sondern auch, wenn sie ihren Paten außerhalb der Kita begegnen.
„Die Kinder sollen Spaß finden am kreativen Werken“, sagt Flackus. Dabei gehen die Paten nicht mit vorgefertigten Plänen ans Werk, sondern hören, was sich die Kinder wünschen. Mal stehen Laubsägearbeiten an, ein anderes Mal werden im Wald Äste und Holzscheiben gesammelt, um sie zu Kunstwerken oder Geschenken zu verwandeln. Vor Muttertag und Ostern herrschte da etwa fleißige Betriebsamkeit im Werkraum. „Und wenn das Kind einen Osterhasen mit drei Augen basteln will, dann machen wir das. Es soll den Kindern gefallen, nicht uns“, erklärt Flackus. Feilen, Sägen, Hämmern – „da hat man immer eine helfende Hand dran, damit sich niemand verletzt“, sagt Dommershausen. Aus Sicherheitsgründen können immer nur wenige Kinder gleichzeitig ans Werk. „Man muss schon aufpassen, dass nicht mal jemand zugreift, der nur zugucken wollte.“
Die Fähigkeiten der Drei- bis Fünfjährigen seien sehr unterschiedlich, beobachtet Flackus und erinnert sich an ein Mädchen, „die konnte eine gerade Linie zeichnen, so hätte ich es mit dem Lineal nicht besser hinbekommen“. Solches Staunen und der Feuereifer, mit denen die Kinder bei der Sache sind, begeistert auch die Paten selbst. „Wir können Verstärkung gut gebrauchen, das ist ein wundervolles Ehrenamt“, hoffen die beiden Paten auf andere handwerklich begabte Männer und natürlich auch Frauen, die ebenfalls ihr Know-how in einer nahe gelegenen Kita weitergeben möchten.
Seit 2008 gibt es die Handwerkspaten der Initiative 55 plus-minus in Bornich und dem evangelischen Dekanat. „Da geht einem das Herz auf, wenn man zuschaut, mit welcher Begeisterung die Kinder bei der Sache sind“, sagt Wilfried Ilgauds, Projektbeauftragter der Initiative. „Da braucht es auch kein pädagogisches Studium dafür“. In Spitzenzeiten gab es 48 Freiwillige, die in Kitas der Verbandsgemeinden Loreley, Nastätten und Bad Ems-Nassau als Paten fungierten. „Jetzt könnten wir wieder Verstärkung gebrauchen“, sagt Ilgauds. Auf was beim Einsatz in den Kitas alles zu achten ist, werde Interessenten vorher vermittelt. Die Einarbeitung im Detail übernehmen erfahrene Handwerkspaten am Arbeitsplatz in einem Kindergarten ihrer Wahl. „Wir können ja nicht verlangen, dass die Leute noch zig Kilometer dafür zurücklegen.“
Als echte Bereicherung sieht auch Bornichs Kita-Leiterin Katrin Poguntke den 14-tägigen Handwerker-Besuch, nicht nur, weil er das eigene Personal entlastet. Die Kinder hätten in den meisten Einrichtungen bis zur Einschulung keine männliche Bezugsperson im Kita-Alltag erlebt, „Gut, dass wir sie haben“, ist sie der Initiative dankbar. „Die Paten öffnen außerdem den Blick der Kinder für die Umwelt, fördern deren Fantasie anstatt sich nur mit fertigem Spielzeug zu beschäftigen“, so die Pädagogin. „Wir leben in einer Zeit, wo nur noch auf den Bildschirm geguckt wird“, sagt Initiative-Sprecher Dieter Zorbach. „Aber hier wird in den Wald gegangen, um für selbst gebasteltes Spielzeug zu sorgen anstatt nur Plastik zu verwenden und zu verschwenden.“
Der anfangs erwähnte Fünfjährige hat übrigens mittlerweile nicht nur gelernt, verletzungsfrei mit einem Hammer umzugehen. Dem Opa hat er gezeigt, wie es funktioniert, und mit ihm vollendet er jetzt Werke, die er mit den Paten in der Kita begonnen hat. Bernd-Christoph Matern
Interessierte willkommen
Wer sich für die Mitwirkung im Team der Handwerkspaten interessiert, setzt sich mit Projektbetreuer Dietmar Dommershausen oder mit der Initiative 55 plus-minus in Verbindung unter Telefon 06771-94974 oder E-Mail Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!. Infos gibt es auch über die Website i55plusminus.de.
Zu den Fotos:
Ganz oben: Sind allesamt begeistert vom Handwerkspaten-Projekt der Initiative 55 plus-minus und würden sich über Verstärkung in der ganzen Region freuen (von rechts): Fred Flackus, Dietmar Dommershausen, Wilfried Ilgauds, Dieter Zorbach und Katrin Poguntke.
Kreativität, Fantasie und handwerkliches motorisches Geschick fördern die Handwerkspaten in den Kitas der Region. Fotos: Matern