Jeder kann Verantwortung fürs Handeln in der Welt übernehmen

Fastenaktion des Dekanats Nassauer Land machte sich auch für den Kauf regionaler Produkte stark

 RHEIN-LAHN. (20. April 2020) Gerechte Löhne, faire Handelsbeziehungen und ein Leben und Wirtschaften, das die Ressourcen der Erde schont – für diese Themen und Aufgaben sollte die diesjährige Fastenaktion im evangelischen Dekanat Nassauer Land sensibilisieren, zu der Matthias Metzmacher, Pfarrer für gesellschaftliche Verantwortung im Dekanat, aufgerufen hatte. „7 Wochen regional und fair und mit weniger Müll“ war das Motto. Während die meisten Vor-Ort-Termine noch interessante Informationen dazu lieferten, welchen Beitrag jeder Einzelne dazu leisten kann, wurden zwei Begegnungen aufgrund der Coronakrise abgesagt.

Auch wenn derzeit die weltweite Klimapolitik der weltweiten Krankheitsbewältigung Platz machen muss – auch diese zeigt auf verheerende Weise, wie wichtig sowohl globale Verantwortung als auch die Unterstützung regionaler Produkte ist. Bewusst auf Ernährung, Einkaufen und Mobilität achten, lange Transportwege und unnötige Verpackung vermeiden, war die Devise der Fastenaktion. Metzmacher: Dabei machten einmal mehr die Weltläden in Lahnstein, Nastätten, Nassau und Katzenelnbogen mit. „Vom tatkräftigen Engagement der Mitarbeitenden über so viele Jahre hinweg bin ich immer wieder begeistert“, so Metzmacher. Das strahle aus, auf die Städte, Schulen und Kirchengemeinden. Gemeinden versuchten verstärkt, fair und nachhaltig einzukaufen; einige strebten mit einem nachhaltigen Umweltmanagement den Grünen Hahn, ein kirchliches Umweltsiegel, an. „Und mit den Fairtrade-Towns Lahnstein, Nastätten und Bad Ems sind wir in dieser Hinsicht auch auf kommunaler Ebene gut aufgestellt“, so der Theologe.

Die Besuche von Weltläden, Landwirten und Projekten regenerativer Energiegewinnung sowie eine eigene Cleaning-Aktion am Rhein hätten ermutigt, neue Schritte zu gehen. Das eigene Handeln wurde dabei immer wieder betont, etwa beim Einkaufen die heimischen Produzenten von Lebensmitteln wie Milch, Fleisch oder Gemüse zu unterstützen. Eine machthungrige Wirtschaftspolitik beute in anderen Kontinenten Menschen aus, während gleichzeitig heimische Landwirte ums Überleben kämpfen müssten, weil ihnen Preise diktiert werden, die die Produktionskosten nicht mehr decken. So wurde etwa während eines Besuchs auf dem Hof Lahnaue bei Dausenau beklagt. Armut, Perspektivlosigkeit, Kriege forcierende Waffenexporte und der Klimawandel förderten indes die Flüchtlingsbewegung genau in jene Länder, denen diese Entwicklung durch Lebensstil und ein verantwortungsloses globales Handeln zu verdanken sei.

Sehr informativ war außerdem der Besuch des neuen Wasserkraftwerkes an der Lahn in Bad Ems, wo die Energieerzeugung durch natürliche Ressourcen vorgestellt wurde. Etwa 1000 Haushalte können mit dem dort erzeugten Strom versorgt werden. Eine millionenschwere Investition, auch um den Fischschutz zu gewährleisten, in die Energiewende. „Wenn sie Strom von einem Abnehmer kaufen, der die Energie zu hundert Prozent aus regenerativen Stoffen wie Wasser, Sonne oder Wind gewinnt, unterstützen sie tatsächlich eine umweltschonende Energiewende“, sagte der Betreiber der neuen Kraftwerks Dr. Ronald Steinhoff, der den von der Lahnströmung gewonnen Strom ins Bad Emser Netz einspeist. Gleiches gilt für die Energiegenossenschaft Oberes Mühlbachtal, die auf eine Energiegewinnung aus Solarzellen und ein Car-Sharing mit Elektro-Autos setzt. Zudem beteiligen solche Energieerzeuger die Bürgerinnen und Bürger selbst am Gewinn.

Erfreut zeigte sich Metzmacher, der mit einem Elektro-Auto alle Termine ansteuerte, über das, was bereits getan wird im Rhein-Lahn-Kreis und während der Vor-Ort-Termine zur Sprache kam. „Kirchengemeinden pflanzen Blumenwiesen, bauen Insektenhotels; Menschen bringen sich mit klugen Ideen ein, wie der Besuch der Solidarischen Landwirtschaft in Oelsberg zeigte oder einer Schulverpflegung an etlichen Schulen im Kreis mit fairer, regionaler Pausenverpflegung“, so der Pfarrer. „Andernorts gibt es Nachbarschaftskreise, die Salat, Gemüse und Früchte der Saison miteinander teilen oder auch beim Landwirt oder Metzger gemeinsam ein halbes Rind oder Schwein bestellen und aufteilen und somit immer wissen, wo ihr gutes Fleisch herkommt“, nennt der Theologe praktische Beispiele und Vorbilder.

Und auch die Einträge mancher Fastentagebücher machen ihm Mut. Autofreier Tag, „im Weltladen eingekauft“, „mich über fairen Handel mit Kinoa und Schokolade informiert“, „Milch und Eier beim Bauern geholt“, „im Unverpackt-Laden eingekauft“, war da zu lesen. Andere Aktionsteilnehmer hätten sich eine Woche fleischlos ernährt, seien mit dem Fahrrad statt dem Auto zur Arbeit gefahren, hätten auf Plastiktüten verzichtet, bei Spaziergängen Müll gesammelt oder den Stromverbrauch im Haushalt überprüft. Metzmacher: „Jeder konkrete Schritt ist wichtig. Es gibt viele kleine Anfänge mit großer Wirkung, Samenkörner, die aufgehen, die aber unserer Pflege bedürfen“. Dies auch und gerade dann, wenn die Coronakrise einmal überwunden ist; mache sie doch auf schmerzliche Weise gerade deutlich, dass es nur eine Welt zum Leben gibt. Bernd-Chr. Matern

Zu den Fotos:
Regenerative Energiequellen nutzen, damit die Energiewende gelingt: Dafür sensibilisierte der Besuch des neuen Wasserkraftwerks in Bad Ems. Verständnis für die Landwirtschaft brachte der Besuch des Hofs Lahnaue in Dausenau. Während einer Cleaning-Aktion am Rhein wurde Müll eingesammelt. Sämtliche Fotos entstanden vor den Kontaktbeschränkungen zur Coronakrise. Fotos: Matern/ZöllerMetzmacher